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1 Wochenende, 9 Springs, 30 Maltheads


Na hat man sowas schon gesehen? Die versammelte Prominenz der deutschen Whisky-Blogger-Vlogger und Podcast-Szene auf einem Bild. Und ich bin auch mit drauf. Ausserdem natürlich Bernd. Wie du kennst Bernd nicht? Bernd ist der bestbezahlte Mitarbeiter der Brauerei Neunspringe. Mancher würde auch sagen er ist der geheime Chef, aber das Maße ich mir nicht an. Warum ich ihn so salopp Bernd nenne ist schnell erklärt. Zum einen weiß ich seinen Nachnamen nicht und zum anderen hatte ich nicht den Eindruck als müsste ich ihn verwenden. Bernd war von Anfang an Bernd und so fühlte man sich auch am gesamten Wochenende. Alles war authentisch, nahbar, zum anfassen, locker und unverkrampft.

Nur, warum waren wir überhaupt da? Und dann noch so zahlreich? Nach allem, was ich mitbekommen habe, entstammt die Idee zu diesem Wochenende von Bernd. Der Grundgedanke war eine Rückmeldung zu bekommen zu den eigenen Produkten und dem eigenen Projekt. Und wer könnte besser eine Rückmeldung geben als diese illustre Runde. Die Aufgabe alle Leute zusammen zu bringen ( und das ist ihm glorreich gelungen) übernahm (Whisky-) Jason. Und da natürlich niemand ein solches Event verpassen möchte, kam dieser ganze Haufen Leute, den man oben bestaunen kann. Mr. Afterparty Whiskybabbler, die drei großen Jungs von Whiskygraphie, Malte, der wirklich viel über Malts geredet hat, die Herren von Whisky&Vinyl waren da und kamen fast nicht mehr nach Hause (Deutsche Bahn...), Simon von Whisky Violence hat mir ein nettes Sample mitgebracht, Lou war da und hat unter anderem dieses nette Bild gemacht, Whisky Dodo hat die Vorteile Europas genutzt und ist über die Grenze rüber gekommen und neben allen, die ich jetzt nicht aufgezählt habe, hatte ich noch viel Spaß mit den Jungs vom Podcast Barrels and Casks und den Gentleman von Whiskyllerie.


Bevor wir uns in der Burg den Whisky zu Gemüte geführt haben, hatten wir zwei sehr aufschlussreiche, lockere Touren durch die Destillerie und die Whisky-Erlebniswelt auf der Burg Scharfenstein. Ich möchte hier weder zu technisch werden, noch alles wiederholen was wir gehört haben. Das können Andere vermutlich eh besser. Ich möchte aber gerne von ein paar Dingen berichten, die ich besonders fand und die mir im Kopf geblieben sind.


Zunächst mal sei gesagt: Wir durften einfach alles machen. Angucken, anfassen, riechen, probieren, nichts wurde uns nicht erlaubt. Die Tour lief locker und entspannt und alle Fragen waren erlaubt und wurden beantwortet. Die überaus schöne Farbe der Brennanlage verdankt das Kupfer übrigens einer chemischen Reaktion. Bernd ist darüber nicht begeistert, ich fand es ziemlich fancy.

In der Vergangenheit gab es bei Nine Springs ein paar Probleme mit dem Lagern des Newmakes. Die Fässer wurden quasi direkt unterm Dach gelagert und die Engel freuten sich, dass der Weg für sie nicht so weit war. Dementsprechend haben sie kräftig zugeschlagen (8-9% pro Jahr). Durch die hohen Temperaturschwankungen ist der Newmake allerdings auch schnell gereift und was das Destillat so innerhalb weniger Jahre an Fasseinfluss bekommen hat ist schon recht beeindruckend. Bernd selbst betonte, dass er es als unschätzbaren Vorteil anderen deutschen Brennereien gegenüber sieht, dass bei Neunspringe schon lange mit Getreide gearbeitet wird. Die Braumeister/Destillateure haben Ahnung von ihrem Arbeitsmaterial und mussten sich nicht plötzlich von Obst auf Getreide umgewöhnen. Auch das Schroten des Getreides wurde betont und als besonders wichtig hervorgehoben. Nochmal, ich selbst habe noch keinen Whisky gebrannt und kann nur beurteilen was ich trinke, die Herstellung selbst kann ich kaum beurteilen. Nachdem die Tour in der Destillerie schon gut war wurde sie getoppt von der Tour in der Burg Scharfenstein.


Dieser nette Ausblick war Anlass für die gesamte Gruppe sich erstmal ein kühles Getränk zu genehmigen und so wurde spontan zunächst mal ein Bier verkostet (natürlich auch von Neunspringe, natürlich sehr lecker). Gereicht wurde das Bier von Carmen, eine überaus nette Dame, die es mir im Verlauf des Abends sogar möglich gemacht hat in einer Bar ohne Kaffeemaschine einen hervorragenden Espresso zu bekommen. Die Stimmung der Mitarbeiter ist für mich immer ein guter Indikator dafür wie ein Unternehmen läuft und geführt wird und alle Mitarbeiter die ich gesehen habe waren bester Laune, freundlich und engagiert.

Die Whisky-Erlebnis-Welt auf der Burg Scharfenstein ist schon deshalb so besonders weil die Entstehungsgeschichte so sympathisch ist. Zunächst hatte die Stadt Millionen versenkt indem sie der Burg zwar eine überaus gelungene Terasse verpasst hat aber es einfach nicht schaffte, die Burg vernünftig zu nutzen. hier und da wurde mal eine Hochzeit veranstaltet aber finanziell war die Burg ein Fass ohne Boden (wie oben auf dem Foto). Bernd war dann vor noch recht kurzer Zeit mit dem Bürgermeister der Stadt in Japan eine Partnerstadt besuchen und da die Abendgestaltung wohl etwas schwierig war auf Grund der regionalen Gegebenheiten, philosophierten die Herren ein bisschen rum. Das Ergebnis dieses eventuell auch feuchtfröhlichen Abends, war die Idee die Burg zu dem zu machen was sie nun ist. Und siehe da, nach kürzester Zeit und mit kreativem Umgang mit Ämtern und Behörden kann man nun die liebevoll gestaltete und gut restaurierte Burg bestaunen und dabei einiges über Nine Springs und Whisky im Allgemeinen erfahren.

Auf der Burg befindet sich neben einem Whisky-Kino auch eine Feinbrandanlage, ein Fasslager, ein Ausstellungsraum in dem verschiedene Fässer begutachtet werden können, Getreide zum anfassen, riechen und schmecken und vieles vieles mehr. Unter anderem das oben gezeigte Fass, zugegebenermaßen mit Boden, aber aus Glas. Das Fass ist ein stark gecharrtes Bordeauxfass und die Spirituose darin darf sich noch lange nicht Whisky nennen. Dennoch beeindruckt die Farbe schon jetzt, nach wenigen Monaten.


Und dann kam der Moment auf den alle irgendwie gewartet haben, egal wie nett die Touren waren. In einem wunderschönen Raum wurde das getan, was wir alle am besten können. Es wurde Whisky getrunken, diskutiert, philosophiert, gearbeitet, gegessen und noch mehr Whisky getrunken.

Zunächst wurden einige Whiskys von Nine Springs probiert dann folgte eine Diskussion über deutschen Whisky im Allgemeinen und zum Abschluss wurde alles getrunken, dass die Teilnehmer der Veranstaltung so mitgebracht haben. Und das war einiges. Bevor ich nun zur Verkostung komme, denn bei zwei Whiskys kam ich noch dazu Notizen zu machen, möchte ich etwas auf die Diskussion über deutschen Whisky eingehen und dabei vor allem auf einen aktuellen Anlass eingehen. Teil der Diskussion war die öffentliche Wahrnehmung des deutschen Whiskys, die Kooperation der Brennereien unter sich und letzlich auch die unterschiedlichen Herangehensweisen der Brennereien was die Herstellung aber auch die Vermarktung ihrer Produkte angeht. Und hierzu möchte ich mich kurz äußern, bevor ich meine Notes von drei verkosteten Whiskys präsentiere.

Margarete von whiskyundfrauen.blogspot.com hatte im Vorfeld der Veranstaltung eine Umfrage durchgeführt mit der Frage: Welchen deutschen Whisky würdet ihr empfehlen?

Das Ergebnis war, dass mit gehörigem Abstand St.Kilian und Glen Els genannt wurden. Und das obwohl ein Whisky von St.Kilian zu diesem Zeitpunkt erst einige Tage auf dem Markt war. Die Frage nach dem Warum und Weshalb kann ich natürlich nicht gänzlich beantworten ich möchte aber über meine Wahrnehmung von deutschem Whisky in den letzten zwei Wochen berichten.


Anfang Mai erhielt ich eine Mail von einer netten Dame von einer PR-Agentur, die mich dazu einlud bei St.Kilian vorbei zu schauen um am 10.05.2019 beim Pressetermin die Brennerei zu besichtigen und den neuen Single Malt zu probieren. Ich fand das sehr nett und war etwas verwundert, dass man mich überhaupt berücksichtigte, musste aber leider freundlich absagen. Die Dame sicherte mir daraufhin zu, dass Sie mir dennoch ein Sample zukommen lassen wird und ich freute mich über den Kontakt und das Sample, auch wenn es bis heute (20.05.2019) nicht bei mir ankam. Auch wenn ich somit bisher nicht über den ersten St.Kilian Malt berichtet habe wurde ich doch recht häufig auf allen Kanälen mit diesem Release konfrontiert und gefühlt jeder hat ihn getestet, beworben oder zumindest darüber gesprochen.


Auf der anderen Seite ist dann Bernd, der 30 Leute einläd ihn zu besuchen, alles bezahlt und ausdrücklich sagt, ob ihr nach dem Besuch etwas darüber schreibt oder nicht ist eure Sache mir geht es um eine ehrliche Rückmeldung. Und ich hatte über das gesamte Wochenende nicht den Eindruck, dass an dieser Aussage etwas nicht stimmt. Klar ist wenn 30 Leute da hinkommen und eine tolle Zeit hatten dann wird irgendwer das auch erwähnen und somit bekommt Nine Springs auch Aufmerksamkeit. Dennoch, die Frage welche Kontaktaufnahme mit mir mehr Charme hat, welche mehr Engagement erfordert und mir sympathischer ist, die kann ich doch recht deutlich beantworten.


Und wenn ich diesen Vergleich schon anfange und dann auch noch die Möglichkeit hatte einige Nine Springs Abfüllungen und den St.Kilian Malt an einem Abend zu probieren (Ja, jemand hatte ihn mitgebracht) dann tue ich das doch auch. Ob der Vergleich unfair ist, weil die "Springer" etwas länger im Fass lagen und fassstark abgefüllt wurden, darf man selber entscheiden. Ich habe beide nach dem beurteilt, was sie sind und letzlich entscheidet eine Destillerie ja selbst, was sie auf den Markt bringt und damit muss man sich dann nunmal auch messen lassen.


Viele Bilder habe ich leider nicht mehr gemacht, ihr müsst euch also mit diesem schönen Foto vom Whiskybabbler für das gesamte Tasting begnügen. Die Notes werden heute kurz und schmerzlos, der Artikel is ja schon lang genug.


Tasting




Geruch:

Rotwein und Karamell waren für mich zunächst dominant. Vanille, Süße, Holz aber auch Gewürze wie Nelke und Piment kamen hinzu.

Geschmack:

Ein sehr süßer netter Antritt. Intensiver Geschmack nach Wein und Holz. Leicht bitter. Dunkle Fruchtnoten im Hintergrund.

Abgang:

Tolle Röstaromen, Holz, Kaffee und Leder. Viele nussige und nette Aromen, für mich etwas bitter aber lang und intensiv.

Fazit:

Ein durchaus komplexer Malt, der vielen Sherry-Fans gut passen sollte für mich aber etwas zu bitter war. (78 Punkte)


Nine Springs 6yrs. Bourbon Cask:


Geruch:

Was erwarte ich von einem Bourbon Cask Malt? Vanille, Karamell, Popcorn, fruchtig und floral. All das hatte er.

Geschmack:

Eine sehr nette Süße, vanillig mit hellfruchtigen Noten, nicht zu viel Holz und sehr intensiv.

Abgang:

Es startet süß mit viel Honig und weiterhin hellen Früchten und geht dann über ins nussige mit Espresso und einer leichten Bitterkeit. 6 Stück hiervon und Carmen hätte mir keinen Espresso holen müssen.

Fazit:

Fassstark, Bourbon-Cask mit allem was ich davon erwarte, 39€ für einen halben Liter und ein Malt der deutlich reifer ist als die 6 Jahre vermuten lassen. 86 Punkte, great Job.



Geruch:

Der Malt riecht recht fruchtig und tropisch. Vanille-Noten sind dabei, etwas Holz, insgesamt aber etwas schnapsig, obstig und nicht sehr intensiv.

Geschmack:

Fruchtig bis obstig mit etwas Pfeffer und recht viel Holz und Getreide. Ansonsten aber bissl wässrig und nunmal das, was es ist, junges Zeuch.

Abgang:

Das Finish ist eher kurz und von Holz geprägt. Leichte Nussaromen und würzige Noten.

Fazit:

Der Malt ist im Prinzip so wie man es erwarten konnte, jung. Er ist noch nicht sehr komplex und für meinen Geschmack deutlich overhyped. Schlecht ist aber aber nicht. 74 Punkte und ich bin gespannt auf die kommenden Abfüllungen.


Was bleibt mir nun zu sagen? Das Wochenende war sehr aufschlussreich und ich hatte bis zum Ende viel Spaß. Mein Dank gebürt natürlich Bernd und Jason und meinem Gefährten Holger. Ich wäre jederzeit wieder bei einer solchen Veranstaltung dabei. Ein besonderer Dank noch an Simon von Whisky-Violence der mir ein Sample vom Glenfarclas 1988er Christmas Malt mitgebracht hat, den ich bald verkosten werde. Und ich wünsche Andi UND David von Whisky&Vinyl viel Spaß mit meinem Clynelish-Mini. Als letztes noch eine Impression der etwas harten Rückfahrt, inklusive leichter Kopfschmerzen.


Links Holger, rechts Ich. Sag ich mal dazu, ich zeig mich ja sonst kaum.

Wie immer: Danke fürs Lesen

Malthead

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